
SÅ LENGE hun løsner knutene mens han knytter nevene, er jeg feminist.
SOLANGE sie die Knoten entwirrt, während er seine Fäuste ballt, bin ich Feminist:in.
Norwegen-Premiere in Trondheim an Fassade des Kunstindustrimuseums
Dazu die Künstlerin Katharina Cibulka:
„Ich teile die Sorge vieler um den Frieden in Europa. Gleichzeitig erscheint mir das Mittel der Wahl, die weltweite Aufrüstung, völlig absurd und rückwärtsgerichtet. Wir waren doch schon ganz woanders. Der zweite Weltkrieg mit seinem unermesslichen Leid hat uns gelehrt, das Bemühen um den Dialog zur Wahrung des Friedens in den Mittelpunkt zu stellen. Auch Hannah Ryggen teilte diese Ansicht. Der Dialog, das Entwirren von Gedankenknäueln, das Verbinden von Gesprächsfäden, das Knoten von Vereinbarungen und Verträgen zugunsten aller, gerät ins Hintertreffen. Die Kriegsfaust, das Recht des Stärkeren und lauter Brüllenden, hat in Windeseile Oberwasser bekommen, und alle schwenken sich auf die Kriegsrhethorik ein.
Der Kunstgriff besteht meines Erachtens darin, den Gegensatz zwischen dem Zarten und dem Zerstörenden aufzulösen: der Faust die Kraft zu lassen, aber ihr die Gewalt zu nehmen; die Knoten durch Verhandlung und Dialog zu lösen und die riesengroßen Probleme, denen wir gegenüberstehen, gemeinsam anzugehen. Wir alle sind gefordert, die Knoten in den Köpfen, in den fehlgeleiteten Diskursen zu entwirren, den Faden des Gesprächs wieder aufzunehmen, aufeinander zuzugehen und visionäre Stoffe zu weben. Die Kunst und der Feminismus als gesellschaftspolitische Kraft können dafür wichtige Impulse liefern, davon bin ich überzeugt.“
Am 2. April montiert die österreichische Künstlerin Katharina Cibulka ein 176 m2 großes, von Hand im Kreuzstich besticktes Gerüstnetz an die Fassade des Kunstindustrimuseums in Trondheim. Cibulka und ihr Team realisieren ihre 32. Installation aus der internationalen SOLANGE-Serie. Anlass für die Einladung ist die Eröffnung der Hannah Ryggen Triennale MATER. Die im 19. Jahrhundert geborene schwedisch-norwegische Konzept- und Textilkünstlerin wurde für ihre von Hand gewebten Tapisserien berühmt. Sie war engagierte Feministin und Pazifistin.
Am 13. November 2024 kam die Künstlerin erstmals nach Trondheim. Cibulka lud im Anschluss an ihre Vorträge und Workshops im Kunstindustrimuseum Trondheim alle Interessierten aus der Region zur Partizipation ein: Mittels eigens kreierter Postkarten bzw. über die sozialen Netzwerke konnten persönliche SOLANGE-Sätze eingesendet werden.
Die Resonanz und das Themenspektrum waren groß: In rund 100 SOLANGE-Sätzen wurden u.a. Gewalt gegen Frauen, toxische Männlichkeit, ein vorwiegend auf Männer ausgerichtetes Gesundheitssystem, Care-Arbeit, Beschämung, Angst vor Übergriffen und die Klimakrise thematisiert. Das SOLANGE-Team kreierte in Zusammenarbeit mit der norwegischen Lyrikerin Marte Huke einen poetischen Satz, der vielschichtige Interpretationen zulässt und dennoch die in Trondheim thematisierten Missstände klar benennt. Zugleich enthält er eine sprachliche Referenz an Hannah Ryggens Werk.
„Wir fühlen uns unglaublich glücklich und geehrt, dass das Solange-Team mit der Künstlerin Katharina Cibulka mit dem Museum und der Hannah-Ryggen-Triennale 2025 zusammenarbeiten wollte, um dieses bestickte Gerüstnetz zu schaffen. Es ist heute wichtiger denn je, dass Museen eine demokratische Plattform bieten, um Erfahrungen zu teilen, zum Nachdenken anzuregen und den Dialog zu fördern. Mit diesem monumentalen öffentlichen Kunstwerk hoffen wir, neue Gespräche mit unserer Gemeinschaft anzustoßen und gleichzeitig die kämpferische und politische Kunst von Hannah Ryggen zu würdigen.“
sagt Museumsdirektorin Ingrid Lunnan.
SÅ LENGE HUN LØSNER KNUTENE MENS HAN KNYTTER NEVENE, ER JEG FEMINIST.
SOLANGE SIE DIE KNOTEN LOCKERT/ENTWIRRT, WÄHREND ER SEINE FÄUSTE BALLT, BIN ICH FEMINIST:IN.
AS LONG AS SHE LOOSENS THE KNOTS WHILE HE CLENCHES HIS FISTS, I WILL BE A FEMINIST.
Es gibt keine textile Handarbeit ohne Knoten. Im Knoten liegt auch die Verknüpfung zwischen den Werken Hannah Ryggens und Katharina Cibulkas. Der SOLANGE-Satz macht diesen Knoten metaphorisch zum Thema:
Die Arbeit des Knotenlösens ist meist kleinteilig, mühselig und langwierig. Auch die zwischenmenschliche Kommunikation ist voller Knoten, die gelöst werden wollen: Debatten und das Ringen um Lösungen schaffen eine tragfähige Basis unseres Zusammenlebens und -arbeitens. Dieser Austausch zielt auf Kompromiss ab, nicht auf Konfrontation. In der Mehrzahl sind es Frauen und queere Menschen, die durch umsichtige Kommunikation Knoten lockern und entwirren, die möglicherweise jemand anderer verursacht hat.
Die Faust – optisch einem großen Knoten ähnlich – ballen jene, die keine Worte für ihre Gefühle finden, sich hilflos und ohnmächtig fühlen, ihre Wut nicht im Griff haben; oder aber jemand, der andere einschüchtern und klein halten will. Weltweit erlebt die wütend erhobene Faust als Symbol der (vermeintlichen) Stärke, eine männlich-konnotierte Geste der Kraft, gerade ein entfesseltes Revival. Sie zerschmettert, schlägt zu, wird zur Waffe; lässt an häusliche Gewalt ebenso denken wie an Krieg. Die gewohnte Weltordnung zerbricht in schwindelerregendem Tempo. Aufrüstung scheint das Wort der Stunde und das Allheilmittel gegen die Machtpolitik der Autokraten zu sein. Das Patriarchat zeigt unverhohlen seine geballten Fäuste.
Kooperationspartner:innen:
Nordenfjeldske Kunstindustrimuseum
Fotocredits: Katharina Cibulka, Ferdinand Cibulka






