N°16 Medizinische Universität, Innsbruck
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März - August 2021

SOLANGE Diversität in der Medizin erst in geringer Dosis vorhanden ist, bin ich Feminist:in.

Anlässlich des Internationalen Frauentages am 8. März 2021 wurde die Fassade der Medizinischen Universitätsklinik Innsbruck mit einem SOLANGE-Netz bespielt. Das Diversitätsmanagement der Medizinischen Universität Innsbruck wurde 2020 zum bereits wiederholten Mal im Rahmen der „Diversitas“-Ausschreibung des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung mit einem Hauptpreis ausgezeichnet. Dies ermöglichte auch die Finanzierung des Aufmerksamkeit erregenden Kunstprojektes.

Das Thema Diversität ist seit einiger Zeit im öffentlichen Diskurs vermehrt wahrnehmbar; dennoch ist wahrscheinlich für die Wenigsten klar, wie weitreichend der Begriff zu interpretieren ist. Die Medizin ist ein immens komplexer und vielschichtiger Bereich. Dort, wo die gemeinsamen Angelpunkte von Diversität und Medizin sind, wird es aus feministischer Sicht spannend. Diversität umfasst nicht allein die Vielfalt der Geschlechter, also ein Abwenden von rein binären Geschlechtskonstruktionen, sondern auch das Miteinbeziehen von ethnischen und sozio-ökonomischen Faktoren. Wenn also wissenschaftliche Erkenntnisse in der Medizin auf all diesen Faktoren basieren, nähern wir uns einer auf jedes Individuum zugeschnittenen Medizin.

Von dieser Ideal-Situation sind wir derzeit aber noch sehr weit entfernt. Die Diversitäts-Dosierung passt noch nicht, und in den meisten Fällen passt sie besonders für Frauen, LGBTQs und andere Ethnien nicht. Nach wie vor orientiert sich die Medizin viel zu stark am weißen, westlichen Mann. Solange bei Frauen Herzinfarkte seltener erkannt werden, weil sie ihre Symptome anders beschreiben als Männer, besteht dringender Handlungsbedarf. Solange bei Männern Osteoporose nicht diagnostiziert wird, weil sie als Frauenkrankheit gilt, besteht dringender Handlungsbedarf. Und solange bei einer Schwarzen Frau die verschriebenen Medikamente keine Wirkung zeigen, weil diese nie an Schwarzen Frauen getestet wurden, besteht auch dringender Handlungsbedarf. Wir alle sind verschieden, und die Medizin muss sich mit dieser Vielfalt auseinandersetzen.

Es ist unerlässlich, das Denken in Schubladen hinter sich zu lassen, denn letztlich profitieren alle von einem differenzierten Blick – sowohl in der Forschung als auch in der Anwendung. Angehende Mediziner:innen müssten bereits während des Studiums mit Gender Medizin und Diversität in Berührung kommen. Es darf kein Wahlfach für ohnedies bereits Interessierte sein, sondern muss verpflichtend ins Curriculum jedes Medizinstudiums aufgenommen werden.

Eine Universitätsklinik ist sowohl Forschungs- als auch Behandlungsort. Täglich gehen Hunderte Mediziner:innen, medizinisches Fachpersonal, andere Klinikangestellte und Patient:innen hier ein und aus. Sie alle werden mit diesem SOLANGE-Satz konfrontiert.
Mag ein Begriff wie „Diversität“ auf’s Erste auch sperrig klingen und möglicherweise Verwirrung stiften, so ist es doch eine Tradition der Frauenbewegung, auch weniger bekannte bzw. neue Begriffe in den Diskurs einzuführen. Solange wir etwas nicht benennen können, existiert es auch nicht. Insofern erfüllt Sprache einen wesentlichen Teil einer Weiterentwicklung feministischer Anliegen.

Come join us in spreading equality!

 

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Kooperationspartner:innen:
Medizinische Universitätsklinik Innsbruck, Gender Medicine & Diversity Unit
Univ.-Prof.in Dr.in Margarethe HOCHLEITNER, Direktorin des Frauengesundheitszentrums an den Universitätskliniken Innsbruck und Leiterin der Koordinationsstelle für Gleichstellung, Frauenförderung und Diversität an der Medizinischen Universität Innsbruck
Rektor der Universitätskliniken Innsbruck Wolfgang Fleischhacker

 

© Fotocredits: WESTFotostudio